Rezension von Muriel zu „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“


Inhalt:

Christiane ist 12, als sie das erste Mal Haschisch nimmt 13 kommt sie schon zum Heroin. Im Berlin der 70er Jahre gehört es zur Tagesordnung, dass schon Kinder rauschgiftsüchtig sind.

Bald findet Christiane viele Freunde, die gleichgesinnt sind, gemeinsam helfen sie sich, an die Drogen zu kommen. Doch was Anfangs nur Spaß war, beginnt bald, Christiane‘s Leben auf äußerst bedrohliche Weise zu beherrschen….


Meinung:

In diesem Buch finden wir uns in einem ganz anderen Berlin wieder, als wir es heute kennen, das Berlin der 70er Jahre. Eine Zeit, in der die Stadt regelrecht vom Heroin überrollt wird.

Diese Geschichte beginnt aber schon in Christianes Kindheit, lange bevor sie nach Berlin zieht. Ursprünglich kam sie nämlich vom Dorf, später ziehen ihre Eltern nach Gropiusstadt, wo die Familienprobleme ihren Anfang finden. Es gibt kaum Raum für Kinder, zuhause kommt es zu Gewaltausbrüchen, das Geld ist knapp und die Schule gleichgültig gegenüber den Schülern. Vielen anderen Kindern in Berlin geht es ähnlich wie Christiane, hier wird der Grundstein für die spätere Abhängigkeit gesetzt.

Diesen Part an der Geschichte finde ich besonders wichtig und gelungen. Um den späteren Verlauf von Christianes Gefühlen und Handlungen verstehen zu können, ist es nämlich essenziell, die Vorgeschichte dieser Jugendlichen zu kennen, wie sie ihre Handlungen im Inneren begründen. Oft war es für mich trotzdem schwierig, mich in Christiane und ihre Freunde hinein versetzen zu können. Warum zieht sie den Entzug nicht durch, wo sie doch auf einem so guten Weg ist? Warum löst sie sich nicht von diesen Menschen, die sie in ihrer Sucht bestärken?

Über Drogen zu lesen, hat für mich immer etwas sehr Verstörendes und dieses Buch ist alles andere als schonend. So erfahren wir kalt und ehrlich von Berlins Abgründen, unschöne Details werden dem Leser nicht erspart.

In der Mitte des Buches sind viele Fotos von den Jugendlichen, die in der Geschichte eine Rolle spielen, und von häufig erwähnten Orten zu finden. Viele von ihnen starben bereits im Teenageralter an den Folgen ihrer Suchterkrankung. Dadurch wird dem Leser noch einmal bewusst gemacht, dass die Figuren, über die er liest, echt waren und wirklich gelebt haben. Ihre Geschichte hat wirklich stattgefunden.

Neben Christianes detailreicher Erzählung gibt es auch Stellungnahmen von Pädagogen, die damals hilflos zusehen mussten, wie immer mehr junge Menschen den Drogen verfielen und von ihrer Mutter, die die Ereignisse aus ihrer Sicht schildert.

Dieses Buch ist nicht einfach nur ein Roman, sondern ein Aufruf an die Gesellschaft, das Drogenproblem ernst zu nehmen sind und die Jugendlichen nicht mehr als Aussätzige anzusehen. Die Drogensucht vieler junger Menschen war nämlich nicht einfach nur eine Charakterschwäche oder Leichtsinn, sondern das Produkt gesellschaftlichen Versagens, ein Hilfeschrei.


Fazit:

Authentisch und schonungslos wird man als Leser in das Berlin der 70er Jahre versetzt. Es wird nicht an unangenehmen Details gespart, wir lernen alle Seiten der Sucht kennen, auch die, die am meisten verstören. Dieses Buch sorgt dafür, dass die Geschichte der Kinder und Jugendlichen, die Opfer gesellschaftlicher Probleme wurden, nicht vergessen wird. Sie ruft dazu auf, nicht einfach weg zu sehen.

Definitiv eine Empfehlung für alle, die nicht zu schwache Nerven haben und mehr darüber erfahren möchten, wie scheinbar normale Jugendliche zu Süchtigen werden können.

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